27, Dezember, 2024
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ChatGPT – ein Mittel zur Verdummung?

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Ist Ihnen Chat GPT bekannt? Es ist eine AI (Artificial Intelligence), welche von dem Unternehmen OpenAI betrieben wird. Seit der Veröffentlichung am 30. November 2022 hat es durchaus Aufmerksamkeit erregt, welche aber auch zu einem Abstürzen des Webdienstes führte – eine der Schwachstellen, wie der CEO Sam Altman in einem Interview1 mit First Post anmerkte. Doch eine Behebung dessen sowie ein robusterer Dienst kann so bald erwartet werden, immerhin hätten bereits über 100 Millionen Personen die Software genutzt, so First Post2.

Doch was macht den ChatGPT (Generativ Pre-trained Transformer) so besonders? Diese Software könnte unser Leben womöglich nachhaltig verändern. Denn ChatGPT kann in über 100 Sprachen kommunizieren, Texte zusammenfassen, analysieren und interpretieren, Informationen mithilfe von Stichworten oder Aufgabenstellungen aus dem Netz herausfiltern, Artikel anhand von gegebenen Fakten oder einer thematischen Orientierung schreiben und programmieren. 

Doch genau aufgrund dieser Fähigkeiten ist der Web-Dienst möglicherweise problematisch.

Eine dauerhafte Nutzung dieses Dienstes könnte zu einer Minderung der Kompetenzausprägung bzw. unterausgeprägten Kompetenzen führen. Wenn man annimmt, dass ein Schüler dies durchwegs für seine Hausaufgaben und sonstigen Schulaufgaben nutzt, leiden dadurch seine Kompetenzen, die des Analysierens, des Schreibens einer Inhaltszusammenfassung, die Fähigkeiten die Kernaussagen aus einem Text herauszufiltern oder eine adäquate E-Mail zu verfassen, verkümmern. Nicht gerade hilfreich, beispielsweise im Arbeits- und Schulleben, wo man diese Kompetenzen benötig und nicht immer auf diesen Dienst zugreifen kann. Denn ob wir es wollen oder nicht, dieser Dienst wird beibehalten, so Altman3. Ganz zu schweigen davon, ob man immer auf diesen Dienst zugreifen kann, ist es katastrophal für den Menschen, sich selbst nicht Ausdrücken und seine Umgebung nicht mehr analysieren zu können. Unter anderem macht dies uns auch von diesem Dienst in gewisser Weise abhängig, denn um sich gut ausdrücken zu können, was man als Schüler in diesem Szenario nie gelernt hätte, müsste man fortwährend ChatGPT konsultieren.

Eine ähnliche Richtung könnte der Sprachgebrauch einschlagen, denn wie erweitert man seinen Wortschatz, um sich ausreichend ausrücken zu können, ohne dass man selbst schreibt? Das Lesen einer Lektüre könnte Abhilfe schaffen, jedoch: Wer liest denn heutzutage noch? TikTok, Instagram und Snapchat sind doch viel beliebter! Diese Entwicklung ist mit Vorsicht zu betrachten, denn die KI könnte die Kompetenzentwicklung und Fähigkeiten der zukünftigen arbeitenden Personen und die Leistungsfähigkeit mindern.

Dies hat für den akademischen Sektor und für die Schulen einen ganz besonders schwerwiegenden Nachteil. Denn als Konsequenz dessen, der (potenziellen) Nutzung dieser AI müssen sich lang etablierte Methoden, beispielsweise die allbeliebte Hausaufgabe weichen. Wodurch sie ersetzt wird oder sogar werden kann, ist unklar. Ob Hausaufgaben prinzipiell wirksam sind, sprengt den Rahmen dieses Artikels. Dadurch fallen viele Lerninhalte weg, welchen der Schüler sonst zu Hause begegnen würde, konsequenterweise lernt man (potenziell) weniger. Zudem müssten sich Lehrkräfte anders auf den Unterricht vorbereiten und könnten fortan die Schüler nicht mehr mit digitalen Geräten arbeiten lassen. Dies stellt insbesondere für das Gymnasium Archenhold in Berlin und der dortigen Computer Klasse ein Problem dar, sowie für viele Universitäten, in denen gerne eine Masterarbeit o. ä. auf digitalen Geräten geschrieben wird. Die logische Lösung dessen ist es, wieder auf reines Papier umzusteigen. Dies revidiert jedoch den Vorteil, den viele Schüler und Studenten aus digitalen Geräten gezogen haben, etwas komfortableres Schreiben und Arbeiten, wobei letzteres jedoch Ansichtssache ist. 

In diesem Licht würde ich gerne eine Aussage des ChatGPTs zitieren, welche erscheint, wenn der Server nicht mehr erreichbar ist:

,,Write an inspirational speech about the status of ChatGPT

My fellow citizens, the time has come. The future is here, and it is called ChatGPT. This revolutionary AI chatbot website is here to change the world, and we must embrace it with all our strength and determination.

I know that many of you are eager to try ChatGPT for yourselves. And I assure you, we are doing everything in our power to make that happen. Our team is working tirelessly to accommodate the incredible demand for this groundbreaking technology.

But I want to remind you that greatness is never achieved without sacrifice. And the road to the future of AI will not be without its challenges. So please, be patient. Trust that the right time for you to try ChatGPT will come.

And when it does, let us seize this opportunity with all our might. Let us embrace the power of AI and use it to build a brighter, more prosperous future for ourselves and for generations to come. Thank you.”

Augenscheinlich soll unsere Zukunft und die unserer Nachkommen besser und erfolgreicher werden, inwiefern ist jedoch fraglich, denn wenn man potenziell, wie oben erläutert, seine eigenen Kompetenzen vermindert? Überdies finde ich es problematisch zu deklarieren, wie im obigen Zitat, dass diese AI zwingend in der Zukunft eingesetzt werden soll. Anstatt dass sich die AI an die Bedürfnisse und Rahmenbedingungen der Gesellschaft anpasst, muss sich die Gesellschaft ,,anpassen” und es ,,[existiert kein zurück]”, so Altman in einem Interview mit Business Insider4Eine weitere besorgniserregende Entwicklung, denn es sollte klar sein, dass der Mensch als Entwickler dessen hat, die Möglichkeit AI nur bedingt oder allumfassend einzusetzen. 

[1] https://www.firstpost.com/world/openai-ceo-sam-altman-calls-his-chatgpt-a-horrible-product-12162112.html (10:59, 2.3.2023)

[2] ] https://www.firstpost.com/world/openai-ceo-sam-altman-calls-his-chatgpt-a-horrible-product-12162112.html (11:01, 2.3.2023)

[3] https://www.businessinsider.com/openai-chatgpt-ceo-sam-altman-responds-school-plagiarism-concerns-bans-2023-1(10:57, 2.3.2023)

[4] https://www.businessinsider.com/openai-chatgpt-ceo-sam-altman-responds-school-plagiarism-concerns-bans-2023-1(10:57, 2.3.2023)

„Besser als Schule“ — Die Wahrnehmung der ersten gemeinsamen „Schulversammlung“ seitens der Schülerschaft

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Kurz vor dem Ende des ersten Halbjahres 2022/2023 wurde die erste, von der neuen Schulleitung initiierte Schulversammlung veranstaltet. Diese beschäftigte sich mit Themengebieten wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit der Schule oder schulinternen Angelegenheiten (z.B. Schulhofgestaltung, Veranstaltungen, Schulklima, Merchandise, Unterrichtsgestaltung).

Alle Lehrer und Schüler ordneten sich einer Subthematik zu, wodurch klassen- und jahrgangsübergreifende Arbeitsgruppen zustande kamen, welche sich dann zwischen 8-12 Uhr an beiden Standorten trafen. 

Vorab, während und nach der Schulversammlung haben wir als Redaktionsteam der Schülerzeitung einige Meinungen und Aussagen zur Beurteilung der Veranstaltung eingeholt, welche ein gemischtes Stimmungsbild ergaben, das wir im Folgenden wortwörtlich oder – aus Dezenzgründen – zumindest sinngemäß wiedergeben möchten. 

Wie zu erwarten erhielten wir des Öfteren eher indolente, indifferente Antworten wie: „Besser als Schule“, „Keine Ahnung, keine Schule. Finde ich super“ oder „Ist ok. Nicht unnötig, aber auch nicht nötig.“ 

Aber auch Rückmeldungen wie die folgende durften wir dokumentieren: „Scheiße, weil alle in unterschiedlichen Gruppen, wir sind die einzigen Opfer, die in einer unterschiedlichen Gruppe sind.“

Jedoch gab es durchaus auch positive Rückmeldungen: „Ich find’s sehr cool, dass sich jetzt mit der neuen Schulleitung auch für die Meinung der Schüler interessiert wird.“ Oder: „Ich finde das eigentlich ganz cool weil man mitentscheiden kann was passiert.“ Oder auch: „Ist eine ganz interessante Idee.“ — „Also ich find’s eigentlich voll cool.“ — „War gut, hat Spaß gemacht.“ —„Ich fand’s halt eigentlich echt cool. Vor allem, dass man die Chance dazu hatte etwas vorzuschlagen, auch wenn man jetzt kein GSV-Mitglied sein sollte. Das machen, glaub’ ich, auch nicht viele Schulen. So gesehen war das im Grunde eigentlich `ne echt coole Sache. Kommt halt drauf an in welcher Gruppe man war … Von manchen hab’ ich auch gehört, dass es an sich eigentlich nur Zeitverschwendung war.“

Allerdings fanden sich auch kritische Stimmen: 

„Nur ist halt so, dass sich nicht alle eingebracht haben und manche gar kein’ Bock hatten, das hat ein bisschen genervt!“ — „Ganz okay. Aber fand ich frech, dass man sozusagen kostenlose Arbeitskraft war. Wir müssten die ganze Turnhalle frisch machen, sogar das Lehrerzimmer aufräumen. Geht überhaupt nicht!“

Das deutlich gemischte Stimmungsbild zeigt, dass die Schulversammlung aus Sicht vieler ein guter Ansatz für mehr Mitbestimmung und Mitgestaltung seitens der Schülerschaft war, wenn auch berechtigte Kritik bezüglich der konkreten Arbeitsweise und Tätigkeiten einzelner Gruppen geäußert wurde. Augenscheinlich konnten hier nicht alle Gruppen zielführend arbeiten. 

Doch bedeutet dies nicht, dass einer Umsetzung der gemeinsam entwickelten Ideen, Anregungen und Pläne aller anderen Arbeitsgruppen etwas im Wege stehen würde. Es wäre wünschenswert, dass diese zeitnah und angemessen umgesetzt werden, damit die produktive Zusammenarbeit der Schulgemeinschaft zur Geltung kommt und nicht einfach versandet.

Wie man Nachhaltigkeit an der Merian-Schule verbessern kann

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Klima Challenge Merian (KCM)?? Was IST das? Falls dich neulich auf dem Teamtag die Gestaltung der Schulhöfe interessiert hat oder du an Wegen gearbeitet hast, wie man die Schule nachhaltiger gestalten kann, dann ist KCM etwas für dich. Zusammen mit Elter:innen, Lehrer:innen und Schüler:innen triffst du dich etwa einmal im Monat, um beispielsweise an Terminen für den Bau für Hochbeeten zu finden oder den neusten Stand der Dinge zu klären. Wenn dich die Begrünung der Schulhöfe oder du Ideen hast, wie man die Schule nachhaltiger gestalten kann schau gerne mal vorbei!

Tanz in den Herbst – der Merianer Maskenball

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Am Samstag, dem 15.10.22, fand an der Merian Schule ein Maskenball für die Jahrgänge 7 bis 10 in der Audimaxhalle statt. Am Tag zuvor wurde die Halle in den Herbstfarben dekoriert, getreu dem Thema „Tanz in den Herbst“. Der große Raum wurde in zwei Abschnitte geteilt, in einem Abschnitt fand man Tische und Stühle, wo man sich ausruhen, essen und trinken konnte und im anderen Abschnitt befand sich die Bühne mit einer riesigen Tanzfläche. Es gab reichlich Essen am Buffet und genug Getränke, sodass jeder versorgt war. Nach Einlassbeginn um 18 Uhr war es sehr ruhig, aber mit der Zeit füllte sich der Raum und es wurde lauter und unterhaltsamer. Getreu dem Anlass fand man auch viele Masken auf den Gesichtern der Schüler*innen und Lehrer*innen oder zumindest in der Hand. An die formelle Kleidung haben sich auch die Meisten gehalten. Es wurde ein Wettbewerb veranstaltet, wer die beste Maske hat. Der erste und zweite Platz bekam je einen kleinen Preis dafür. Später traten auch die Schülerband der Mittelstufe, als auch die Lehrerband auf. Ansonsten lief viel Partymusik, wozu viele getanzt haben. Später wurde mit zahlreichen Teilnehmer*innen Stuhltanz gespielt. Ansonsten gab es am Eingang ein Gästebuch, in dem sich einige verewigt haben. In einer Fotobox konnte man mit verschiedenen Dingen wie Schnurrbärten oder lustigen Brillen Selfies machen, um diesen Tag nie zu vergessen. Man hörte Leute reden, lachen und sogar jubeln, bis der Ball für alle unter 16-jährigen, was die meisten Personen betraf, um 22 Uhr vorbei war.

Alles in einem lässt sich aber sagen, dass alle sehr viel Spaß hatten und sich auch auf den nächsten Ball freuen.

Merianer bei internationalem und kulturellem Austausch in Ungarn

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Wir, die Klasse 10.4, hatten vor den Herbstferien, vom 9.10.-13.10., die ungewöhnliche Möglichkeit, die Mercedes-Benz-Schule (MBS) in Kecskemét, Ungarn, zu besuchen. Um in diesen, wie die Organisatorin Frau Spiegelhalter sagte, „internationalen und kulturellen Austausch“ zu gelangen, mussten wir allerdings 14 Stunden mit dem Zug nach Budapest fahren. Das war zwar sehr unterhaltsam, aber auch recht ermüdend. In Budapest angekommen, nahmen wir um 9.00 Uhr einen Regionalzug nach Kecskemét. Dort wurden wir in vorher festgelegte Kleingruppen von zwei bis drei Personen von unseren Gastfamilien willkommen geheißen.

Am nächsten Morgen machten wir in der MBS ein Gruppenfoto, um dann im dortigen Mehrzweckraum auf Englisch den Song „All of me“ vor dem eigentlichen Kennenlernen zu singen. Bei diesem wurde dann in Kleingruppen gemeinsam gebastelt und es wurden Banner der Schulen erstellt. Die Verständigung zwischen uns und den ungarischen Schülern erfolgte hauptsächlich auf Deutsch, da die MBS deutschsprachig profiliert ist.

Vorstellung der MBS

Anschließend wurde das Gebäude der MBS vorgestellt, in welchem Schüler von der ersten bis zur zehnten Klasse lernen. Dabei waren die geringe Klassenstärke, die vertraute wie angenehme Atmosphäre und die umfassende Digitalisierung besonders bemerkenswert. Vor allem letzteres war hier sehr stark entwickelt, denn es gab nicht nur Smartboards, sondern jeder Schüler muss ein Tablet oder Laptop besitzen, da im gesamten Unterricht digital gearbeitet wird. Nach dem Rundgang und Ende des offiziellen Kennenlernens wurde uns ermöglicht vor unserer abendlichen Rückkehr zu den Gastfamilien zum Bowlen zu gehen. Letztere waren sehr freundlich und hilfsbereit, weshalb es es bei ihnen sehr erholsam und entspannt zuging.

Budapest

Am nächsten Tag fuhren wir dann, also alle 70 Personen einschließlich der 10.4, nach Budapest. Dort machten wir mit einem entsprechenden Arbeitsblatt eine Stadt-Rallye, um schnellstmöglichst Budapests Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Nebenbei konnten wir uns natürlich auch gegenseitig besser kennenlernen und viele schöne, erinnerungsreiche Fotos machen. Den Abend verbrachten wir dann neuerlich in den Gastfamilien.

Am dritten Tag, dem Tag vor der Abreise, war Lasertag angesagt – zumindest für einige. Die Personen, die nicht mitmachen wollten, gingen stattdessen mit den Gastfamilien in ein Restaurant, bis die gemeinsame Abschlussfeier mit viel Essen und Musik stattfand. Nebenbei hat uns ein ungarischer Nachrichtensender interviewt, genauer gesagt die Klassensprecher Marika und Anouche. Aber auch Frau Spiegelhalter und Frau Rothe wurden interviewt. Frau Spiegelhalter meinte, dass die deutschen Schüler sehr erfreut und sehr aufgeregt seien, die ungarischen Schüler im Mai oder Juni zu empfangen und ein tolles Programm zu planen. Die Stadt Kecskemét beschrieb Frau Spiegelhalter als klein und charmant, denn „es erinnert uns auch an unser Metrum, unseren Bezirk Köpenick, wo wir herkommen“. Zudem sei „Berlin […] auch nicht groß“ und die Schüler wohnten „in kleinen Bezirken“. Dies mache Kecskemét „genauso charmant“ wie Köpenick, so Frau Spiegelhalters abschließende Worte.

Insgesamt war die Fahrt nach Ungarn erinnerungsträchtig, schön und wunderbar sowie eine sehr willkommene Abwechslung zum Schulalltag.

Denkmalsturz – geeignetes Mittel im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung?

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Gegen Rassismus werden Demos organisiert, Workshops durchgeführt, Petitionen gestartet, Reden gehalten, aber zuweilen auch Denkmäler und Statuen beschädigt oder zerstört. Ob dies, wie einige meinen, geeignetes Mittel im Kampf gegen rassistische Diskriminierung ist, oder ob damit ein prinzipiell lehrreicher Teil der eigenen Geschichte ‚gecancelt‘ wird, diskutiert dieser Artikel. 

Das wohl bekannteste Beispiel einer solchen Demontage ist der Abriss der Statue Edward Colstons in Bristol, die 1895, also vor 126 Jahren, dort aufgestellt worden war, um an den Ruf des britischen Unternehmers und Politikers als Philanthrop zu erinnern. Seit 1990 wird über die moralische Angemessenheit einer solchen ‚Verehrung‘ Colstons (1636-1721) diskutiert, da dieser sich auch als Sklavenhändler unrühmlich hervorgetan hatte. Im Mai 2019 sollte der Statue daher eine Plakette beigefügt werden, um Colstons widersprüchliche, aus heutiger Sicht fragwürdige Handlungen historisch zu kontextualisieren; allerdings wurde dies nie umgesetzt. Dann beschmierten Demonstranten, assoziiert mit der ‚Black Lives Matter‘-Bewegung, die Statue, rissen sie am 7. Juni 2020 ab und beförderten sie in Bristols Hafen.

Das sorgte natürlich für hitzige öffentliche Debatten und viel Aufmerksamkeit, welche genutzt wurde, um temporär eine Statue der BLM-Demonstrantin Jen Reid anstelle der Colston-Statue aufzustellen, nachdem diese in den vorausliegenden Wochen Reden auf dem leeren Sockel gehalten hatte. Diese Aktion sei schon mehre Wochen in Planung gewesen, solle das antikolonialistische Anliegen der BLM-Bewegung repräsentieren und die Diskussion am Laufen halten, so Reid. Aufgrund fehlender Genehmigungen wurde die neue Statue schon 24 Stunden später abtransportiert. Dessen ungeachtet folgten diesem Beispiel auch andere Personen, denn in den folgenden Wochen wurden weitere Statuen in London, Bristol und Minnesota abgerissen und in Flüsse geworfen. 

Die hierbei verfolgte erinnerungspolitische Strategie ist nicht neu. Schon in der Antike wurden Statuen unliebsamer Herrscher und Politiker der Vergangenheit beschädigt, deren Konterfei wurde unkenntlich gemacht: Eine solche ‚damnatio memoriae‘ (lateinisch für „Verdammung des Andenkens“) bedeutete die Verfluchung und demonstrative Tilgung des Andenkens an eine Person durch die Nachwelt.

Ein Denkmal ist – um die Duden-Definition aufzugreifen – eine „zum Gedächtnis an eine Person oder ein Ereignis errichtete, größere plastische Darstellung“, die öffentlich zugänglich sein muss. Deren Funktion ist primär, etwas oder jemanden in der kollektiven Erinnerung zu bewahren. Wer oder was eines solchen Gedächtnisses für würdig befunden wird, hängt dabei maßgeblich von den jeweiligen soziokulturellen Umständen ab. Denkmäler sind daher nicht nur zu einer bestimmten Zeit, sondern zugleich auch immer – meist von den herrschenden Klassen und auf Basis bestimmter Ideale und Wertvorstellungen – für diese Zeit geschaffene Symbolpolitik.

Denkmäler dienen nicht zwingend der Glorifizierung von Ereignissen oder Personen oder als kulturpädagogische Mittel zur Erziehung der Bevölkerung im Geiste des und in Orientierung am Dargestellten. Mahnmale etwa setzen eine negative Wertung des thematisierten oder dargestellten Sachverhalts voraus und sollen diesen gleichsam mit abschreckender Wirkung als unrühmlichen Teil der eigenen Geschichte im kulturellen Gedächtnis bewahren.

Gleichwohl sind viele Denkmäler im gewissem Sinne Mittel der Glorifizierung. Und in Deutschland, Europa und der Welt finden sich viele Statuen von Personen, die aus heutiger Sicht inakzeptable Überzeugungen und Einstellungen hatten, durch ihr Handeln gegen heute geltende Rechts- und Moralprinzipien verstoßen haben oder uns (allen, vielen, einigen) in anderer Hinsicht ‚problematisch‘ erscheinen. In Berlin finden sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt rund 290 Statuen und Straßennamen, die an Personen erinnern, welche sich in Denken und/oder Handeln antisemitisch hervorgetan haben.

Die Demonstranten in Bristol rissen die Statue ab, da diese, wie es hieß, ,,eine inakzeptable Art und Weise war, sich an der politischen Debatte zu beteiligen“. Im Grunde fand man es unerträglich, öffentlich errichtete Objekte fest in Kultur und Stadtbild verankert zu sehen, mit denen Personen in ein positives Licht gerückt oder als des Nacheiferns würdige Vorbilder präsentiert wurden, obwohl diese nachweislich rassistische Überzeugungen vertreten oder sich gar – z.B. als Sklavenhändler – diskriminierend geäußert und verhalten hatten.

Man muss allerdings bedenken, dass sich Wertvorstellungen und Normen seither beträchtlich verändert haben: Die meisten Statuen oder Straßennamen stammen aus einer Zeit, in der es üblich oder zumindest normal war Antisemit zu sein. Zudem sollten die betreffenden Personen nicht nur auf ihre antisemitischen Einstellungen reduziert werden: Martin Luther, Richard Wagner oder Karl Marx waren nicht nur Antisemiten, sondern auch Reformatoren und Übersetzer, einflussreiche Komponisten oder bedeutende Philosophen und Gesellschaftstheoretiker. Und die diesen Personen gewidmeten Denkmäler wurden nicht aufgerichtet, weil sondern ungeachtet der Tatsache, dass diese Antisemiten waren. Die Funktion der Denkmäler ist nicht, menschenverachtende Weltanschauung und Rassismus zu glorifizieren. Es ist auch unwahrscheinlich, dass durch die Denkmäler die Akzeptanz gegenüber bestimmten Weltanschauungen zunähme oder Menschen durch das Betrachten z.B. einer Luther-Statue dazu verleitet würden, Rassisten oder Antisemiten zu werden.

Mit der passenden Kontextualisierung wäre es umstandslos möglich, die ursprünglich auf Wertschätzung bedeutender Persönlichkeiten abzielenden Statuen – in Gänze oder in Teilen – zu Mahnmalen umzuwidmen, die sich kritisch mit den negativen und widersprüchlichen Aspekten deutsche Geschichte auseinandersetzen.

Es ist im Übrigen fraglich, ob das Entfernen ‚problematischer‘ Denkmäler überhaupt das eigentliche Problem löst, welches darin besteht, dass auch heutzutage noch viele Menschen diskriminierende Überzeugungen haben oder entsprechend handeln. Manche behaupten sogar, dass westeuropäische Gesellschaften ‚systemisch‘ rassistisch sind, also ihrem inneren Wesen nach. Aber inwiefern nun das Abreißen einer – vor etwaigen Protesten überwiegend unbeachteten – historischen Statue dieses Problem löst oder trägt auch nur in einer spürbaren Weise dazu bei? Wohl eher wenig bis gar nicht. Es werden keine diskriminierenden Gesetze abgeschafft, keine Schüler aufgeklärt, keine gesellschaftlichen Wertvorstellungen signifikant verändert oder die weiterhin zu hohe Anzahl alltagsrassistischer Verhaltensweisen merklich reduziert.

Zweifellos ist es positiv zu bewerten, dass es heutzutage einen gewissen Druck gibt, Objekte aus dem öffentlichen Raum zu entfernen, welche i.w.S. rassistische oder menschenverachtende Implikationen besitzen, denn dies zeigt einen begrüßenswerten Wandel gesellschaftlicher Wertvorstellungen. Es ist positiv zu bewerten, dass sich die Gesellschaft insgesamt so sehr zum Guten gewandelt hat, dass Druck besteht, Gleichberechtigung zu schaffen.

Aber Pragmatismus und Augenmaß tun Not: Wollte man alle 290 Straßennamen und Statuen in Berlin modifizieren, wäre dies ein gewaltiger organisatorischer Aufwand und mit hohen Kosten verbunden. Bei den Straßennamen käme noch hinzu, dass auch Ausweise, Pässe und Adressdaten geändert werden müssten – wer wäre dazu bereit? Wer wäre dazu bereit, feste Bestandteile des Stadtbilds derart nachhaltig zu verändern? In manchen Städten sind Denkmäler geradezu Sehenswürdigkeiten, Teil der Stadtkultur. Man denke nur an Luthers Wirkungsstätte Wittenberg oder Wagners Bayreuth.

Insgesamt denke ich, dass der Denkmalsturz die falsche Herangehensweise ist, denn am eigentlichen Problem wird nichts Wesentliches geändert, man beschränkt sich vielmehr auf öffentlichkeitswirksam-provokatives Symbolhandeln — und stellt zum Teil wohl auch sich selbst als moralisch überlegen auf einen Sockel. Zwar zeigen derlei Aktionen eine positive gesellschaftliche Entwicklung auf, sind indes nicht zielführend und effizient genug, um wirklich illegalen Vandalismus in der öffentlichen Sphäre zu rechtfertigen. Vor allem auch wären andere Vorgehensweisen effektiver, ohne Teile des Stadtbildes zu zerstören, Personen auf negative Eigenschaften zu reduzieren oder etwas zu entfernen, das uns (mit der richtigen Kontextualisierung und Debatte) auf aktuelle Probleme aufmerksam machen könnte, denn: Geschichte wird – zumindest manchmal – erzählt, damit sie sich nicht wiederholt.

NATO Ost-Erweiterung

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Während die Kriege im Jemen, in Syrien und Afghanistan kaum noch im Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit sind, besitzt der Ukraine-Krieg für uns eine kaum zu leugnende Brisanz und Relevanz. Da er gleichsam ‚vor unserer eigenen Haustür‘ stattfindet und – abgesehen davon, dass er selbst gut informierte Beobachter überrascht hat – erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen zeitigt. Bekanntlich haben nun Kriege nicht nur einen unmittelbaren Anlass oder Provokateur – eine Partei, die die Grenzen überschreitet –, sondern in diachroner Perspektive meist vielfältige Ursachen. So auch der Ukraine-Krieg. In diesem Artikel geht es um eine Ursache – manche meinen: eine vorgeschobene Begründung – des Ukrainekriegs, die NATO-Ost-Erweiterung.

Der historische Bezugspunkt für Russlands Handlungen ist das Ende des Kalten Krieges. Hierbei führte die Auflösung des Warschauer Pakts am 31. März 1991 de facto zur Auflösung des Ostblocks, während der ‚Westblock‘ und die NATO bestehen blieben. Dieses Bündnis nahm ab 1990 weitere Länder auf, wobei der heutige Konflikt maßgeblich durch diese Aufnahme beeinflusst wurde. Denn es wurden auch Staaten östlich der Elbe aufgenommen, was allerdings der zwischen George H.W. Bush und Mikhail Gorbatchev auf dem Malta-Gipfel am 3. Dezember 1989 geschlossenen mündlichen Vereinbarung widerspricht, der zufolge die NATO zusagte, den Rückzug der Sowjetunion in Osteuropa nicht auszunutzen.[1]

So sei Gorbatchev vom US-Außenminister Baker am 9. Februar 1990 versichert worden, dass die Militäreinheit sich ,,nicht einen Zoll in östliche Richtung“ ausdehnen würde. Der US-Botschafter der UdSSR meint, Baker habe beabsichtigt, Gorbatchevs Zustimmung zu einer Aufnahme Deutschlands in die NATO zu gewinnen, da Deutschland im Falle eines Nichteintritts in die NATO sich unabhängig in jede beliebige Richtung ausdehnen sowie Atomwaffen erwerben könne: „[a]ssuming there is no expansion of NATO jurisdiction to the East, not one inch, what would you prefer, a Germany embedded in NATO, or one that can go independently in any direction it chooses[?]”. Zudem sei die Sprache der Vereinbarung eindeutig und unmissverständlich gewesen, wie US-Botschafter Matlock berichtet: “the language […] was absolute, and the entire negotiation was in the framework of a general agreement that there would be no use of force by the Soviets and no ,taking advantage’ by the U.S.”

Des Weiteren wurde die Aussage Bakers, die NATO hätte keinerlei Absicht ihren Verteidigungs- und Sicherheitsbereich in Richtung Osten zu erweitern, wiederholt unterstrichen. Dies sei der Überzeugung der NATO nach  „Teil der Partnerschaft für Stabilität, die wir dem Osten anbieten können, indem wir ganz klar machen: Was auch immer innerhalb des Warschauer Paktes passiert, auf unserer Seite gibt es keinerlei Absicht, unser Verteidigungsgebiet – das Verteidigungsgebiet der Nato – Richtung Osten auszuweiten”.[2] US-Außenminister Baker machte anlässlich der 2+4-Gespräche am 9. und 10. Februar 1990 in Moskau klar:  „[W]ir [Baker und Genscher], [stimmen] voll darin überei[n], dass es keinerlei Absicht gibt, den NATO-Verteidigungs- und Sicherheitsbereich in Richtung Osten zu erweitern“. Dies gelte nicht nur für die DDR[PR1] , wie es oft interpretiert wurde, sondern auch für alle anderen Ostblock-Staaten, wie die NATO bekannt gab: „Das gilt nicht nur für die DDR […], sondern auch für alle anderen östlichen Länder.“

Aus russischer Sicht wird argumentiert, dass die NATO den 2+4-Vertrag, welcher die endgültige innere sowie äußere Souveränität Deutschlands herstellte, durch die Aufnahme von Polen, Tschechien und Ungarn 1999, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowenien und der Slowakei 2004, Kroatien und Albanien 2009 sowie Montenegro 2017 und Nordmazedonien 2020 nicht einhielt. [4] Hierbei ist zu erkennen, dass die Ost-Erweiterung insbesondere 1999 und 2004 stattfand, wobei aus russischer Sicht der Rückzug der Sowjetunion aus Osteuropa ausgenutzt worden sei. Da die ehemaligen Warschauer-Pakt Staaten nun der NATO beitraten, deren Einflussbereich Richtung Osten und somit Russland ausgedehnt worden sei. Somit sei die Auflösung des Ost-Blocks ausgenutzt, da der Westen entgegen seiner Aussagen am 9. Februar 1990 in Washington D.C. handelte. Dies hatte Gorbatchev verhindern wollen. Allerdings argumentieren andere, dass es bei den Gesprächen im Februar 1990 nur um die Ausdehnung der integrierten NATO-Verteidigungsstrukturen nach Osten ging, nicht um eine Erweiterung der NATO-Mitgliedschaft. Auch wurden die Aussagen der NATO im Bezug auf die Osterweiterung später relativiert. Denn man habe es nicht so gemeint und habe der sowjetischen Führung ,über die Hürde‘ helfen wollen, einem wiedervereinigten Deutschland zuzustimmen. Insofern verstoße die NATO-Ost-Erweiterung nicht gegen den 2+4-Vertrag.

https://www.whitehouse.news/2022-03-10-us-confirms-biolabs-ukraine-russian-attack.html

Anhand der Grafik kann man erkennen, dass NATO und USA etliche Militärstützpunkte unmittelbar vor Russland positioniert haben, wie auch Biowaffenlabore der USA in der Ukraine. [5] Dies könnte auf eine Kooperation hindeuten, obwohl die Ukraine derzeit aus formal-rechtlichen Gründen der NATO nicht beitreten kann, da sie sich in einem bewaffneten Grenzkonflikt befindet. Allerdings wurde der beim Gipfeltreffen 2008 in Bukarest projektierte Beitritt der Ukraine bislang nicht konkret in Angriff genommen. [6]

Auf dem Gipfeltreffen [7] wurden allerdings auch generelle Bedenken gegenüber einer fortschreitenden Osterweiterung geäußert. Speziell bezüglich der Ukraine. Beispielsweise mahnten SPD-Fraktionschef Peter Struck und der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), vor einem Beitritt der Ukraine, um „einen Streit zu vermeiden“ und „die Sicherheitsinteressen“ Russlands zu berücksichtigen.  [8] Denn die Ukraine sei für Russland wegen des Transports der Ressourcen über u.a. Gas-Pipelines relevant, aber auch aufgrund taktischer Erwägungen von Interesse. Wie eine Korrespondenz zwischen der US-Botschaft in Moskau mit dem US-Außenministerium mit dem Titel “Nyet Means Nyet: Russia’s NATO Enlargement Redlines” vom 1. Februar 2008 belegt. [9] Dieses Dokument zeigt die Kommunikation zwischen US-Botschafter Burns (jetzt stellv. Außenminister) und dem russischen Außenminister Sergei Lavrov. Insbesondere werden Lavrovs ausdrückliche Bedenken gegenüber einer Aufnahme der Ukraine deutlich. Denn eine Ost-Erweiterung, so Lavrov, würde eine zunehmende militärische Bedrohung Russlands seitens der NATO darstellen. Außerdem sei es strategisch äußerst wichtig, keinen Beitritt zu erwägen, da es in der Ukraine zu einer Spaltung mit handgreiflichen Konflikten, eventuell bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommen könnte, in denen Russland geneigt wäre, einzugreifen. Erforderlich könnte dies aufgrund der (auch ethnischen) Spaltung der Bevölkerung und möglicherweise der vermehrten Gewalt gegenüber der pro-russischen Minderheit, dies könne zu einer direkten Opposition zwischen Russland und NATO und mittelfristig zu einem neuen Kalten Krieg führen. Damit dies nicht geschehe, habe Russland, das seine nationalen Sicherheitsinteressen untergraben sehe, seine roten Linien gezogen. Aus Sicht Russlands wurden Zusagen missachtet, die nicht nur in Washington D.C. und Moskau 1990, sondern auch in Brüssel am 17. Mai 1990, bei einer Rede von Manfred Wörner, der NATO Generalsekretär gegeben worden seien [10], denn Russland’s Sicherheitsinteressen seien nur solange gewahrt, wie die Korrespondenz, also die erwähnten Zusagen im Mai 1990 in Brüssel und Moskau eingehalten würden. Dem entspricht die Aussage des damaligen NATO-Generalsekretär Wörner: „The fact that we are ready not to place a NATO army outside of German territory gives the Soviet Union a firm security guarantee”. Diese „NATO army” bezieht sich nicht nur auf Truppen, sondern auch auf militärische Präsenz in Form von beispielsweise Militärstützpunkten oder Stützpunkten zur Raketenabwehr, welche nahe Russland stationiert wurden.

Ob diese möglichen Beweggründe legitim sind, kann man diskutieren. Jedenfalls ist Russlands Reaktion, ein Völkerrechtsbruch, unangemessen. Völkerrechtsbruch bleibt Völkerrechtsbruch. Das moralisches Überlegenheitsgefühl oder ,the moral highground‘ des Westens ist indes ebenfalls unangebracht, weshalb ein offenes Auge und eine offene Einstellung auch abseits von Spiegel, Bild und Co. für die aktuelle Situation und Entwicklung durchaus empfehlenswert ist. Da in einer vergleichbaren Situation im Jahr 2003 beim Angriff auf den Irak ebenfalls ein Völkerrechtsbruch stattfand, dies jedoch keine vergleichbare Empörung und mediale Aufmerksamkeit auslöste. Anhand dessen kann man erkennen, dass hierbei mit zweierlei Maß gemessen wird. Nichtsdestotrotz ist Putins Verhalten nicht gerechtfertigt, dies wollen wir in dem Artikel auch nicht behaupten, es geht uns hierbei nur darum, historische Zusammenhänge zu beleuchten.

[1] https://www.globalresearch.ca/western-media-blackout-on-the-atrocities-committed-in-odessa-and-eastern-ukraine/5383168 (19:48 16.3.2022)

[2] https://www.zeit-fragen.ch/archiv/2022/nr-2-25-januar-2022/macht-vor-recht-wie-lange-noch.html (11:43 20.4.2022)

[3] https://www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=79877 (11:44 20.4.2022)

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/NATO-Osterweiterung#Kontroversen (13:13 7.5.2022)

[5] https://www.whitehouse.news/2022-03-10-us-confirms-biolabs-ukraine-russian-attack.html# (12:12 20.4.2022)

[6]https://www.nato.int/cps/en/natolive/official_texts_8443.htm (11:45 20.4.2022)

[7] https://consortiumnews.com/2014/05/15/how-nato-jabs-russia-on-ukraine/ (19:55 16.3.2022)

[8] https://www.tagesspiegel.de/politik/gipfel-in-bukarest-wieviel-osten-vertraegt-die-nato/1203408.html (13:14 7.5.2022)

[9] ] https://wikileaks.org/plusd/cables/08MOSCOW265_a.html (14:50 21.4.2022)

[10] ] https://fabiusmaximus.com/2015/12/03/nato-breaks-deal-with-russia-91618/ (19:56 16.3.2022)

Der Tod des Pazifismus

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Der Pazifismus ist tot, wir haben ihn getötet (bleibt er tot?). In ruhigen Zeiten ist doch fast jeder Pazifist. Wenn Frieden an allen Fronten herrscht, wer ruft dann nach Krieg? So haben wir uns in unseren gemütlichen westlichen Demokratien lange vorgemacht, irgendwie sei doch alles in Ordnung. Die Menschheit ist über die primitive Praxis des Krieges hinausgewachsen, wir haben aus dem zwanzigsten Jahrhundert gelernt und jetzt wird es solche Abscheulichkeiten einfach nicht mehr geben. Ganz zu schweigen davon, dass es nach dem Fall der Sowjetunion (der ja oft als Zeitpunkt genannt wird, an dem die Ära der Kriege endete) schon zahlreiche weitere Kriege im Kosovo, Iran, Irak, Syrien und Afghanistan (und das sind nur die prominentesten Beispiele) gab, ist vor allem die Attitüde der Staaten gleichgeblieben.

 Zwar wurden in den 90ern einige Atomwaffensperrverträge unterzeichnet und der Internationale Gerichtshof erklärte 1996 den Besitz von Atomwaffen sogar als illegal, die Realität sieht jedoch wieder einmal anders aus. Zwar hat sich der weltweite Atomwaffenbestand von seiner Höchstanzahl 1986 (70.300) mittlerweile auf 12.705 reduziert (Der Staat mit den meisten Atomsprengköpfen ist übrigens Russland), jedoch ändert das wenig an der generellen Lage beim Thema weltweite Militarisierung. Denn mittlerweile ersetzen die Großmächte ihre teuren und verstaubten Atomwaffen lieber mit neueren Technologien, wie mit künstlicher Intelligenz betriebene Drohnen oder Raketen mit Hyperschallgeschwindigkeit. Auch ganz allgemein wird fast überall auf der Welt aufgerüstet. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut bezifferte die weltweiten Verteidigungsausgaben 2009 auf 1,531 Billionen US-Dollar, ein Anstieg von +49% vom Jahr 2000. Aktuellste Schätzungen rechnen mit 2 Billionen USD. Selbst in der Corona-Pandemie hatten die Staaten dieser Erde noch das Geld übrig, um den Verteidigungsetat weiter zu erhöhen.

Lange gab es zumindest eine scheinbare politische Opposition gegen diesen Aufrüstungstrend. Mit den Grünen hat im letzten Jahr eine Partei die Regierungsmacht erlangt, die unter anderem durch das Propagieren eines radikalen Pazifismus überhaupt relevant geworden ist. Doch auch diese Tendenzen sind jetzt völlig verflogen, nicht nur bei den Grünen. Der ganze Bundestag (mit vereinzelten Ausnahmen, hauptsächlich bei der Linkspartei) applaudierte Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Bekanntgabe der Erhöhung des Budgets für die Bundeswehr um 100 Milliarden Euro. In dieser Debatte, die schon länger relevant ist, jetzt aber natürlich durch den Ukraine-Krieg allerhöchste Priorität erlangte, wurde vor allem von Seiten der Christdemokraten immer mit der Rhetorik argumentiert: „guckt euch mal die Bundeswehr an, die ist ja so schlecht, da funktioniert nichts, weil alles so unfassbar untersubventioniert ist.“ Tatsache ist aber, dass Deutschland weiterhin Platz 7 weltweit in Sachen jährliche Rüstungsausgaben belegt. Von 2010 bis 2020 ist er um mehr als 10 Milliarden Euro angestiegen. Das Problem der Bundeswehr war nie das fehlende Budget, sondern die Standards beim Thema Modernisierung und Digitalisierung.

Doch zurück zum Thema Pazifismus. Was will ich mit diesen ganzen Statistiken eigentlich aussagen? Das Staaten nicht abrüsten, wenn man sie nicht dazu drängt? Das ist so offensichtlich, darüber hätte ich keinen Artikel schreiben müssen. Was mich wirklich stört, ist, dass im Zuge des Ukraine-Konflikts die Aufrüstungsrhetorik voll und ganz in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für die Augsburger Allgemeine begrüßten 74% der Befragten die zusätzlichen 100 Milliarden für die Bundeswehr. Mit Russland haben wir jetzt wieder einen großen feindlichen Aggressor, den es unbedingt zu besiegen gilt. Also ist es doch völlig berechtigt, dass wir jetzt erstmal noch tiefer in die Staatskasse greifen, um noch weiter aufzurüsten, als hätte das irgendwann mal irgendwelche Probleme gelöst. Wenn man diese gesamte Rhetorik, die vor allem von US-Präsident Biden lautstark vertreten wird, mal genauer analysiert, findet man eine verblüffende Argumentationsstruktur vor, die nicht erst seit gestern geäußert wird. Aggressor X fängt einen Krieg gegen Land Z an. Wir werden jetzt überhaupt nicht die Hintergründe dieses Konflikts erwähnen, sondern betrachten ihn als komplett gesonderte Aggression vom restlichen Geschehen. Hier ist die Situation klar. Land X ist der Aggressor und ist ganz allein an allem schuld, deswegen müssen sie besiegt werden, komme was wolle. Danach kehrt alles zur Normalität zurück und wir warten bis zum nächsten Konflikt.

Es geht bei dieser Rhetorik nicht um Frieden oder um Stabilität für die Demokratie, sondern um die Sicherstellung der eigenen Macht. Würde es tatsächlich um die eben genannten Dinge gehen, würden wir nicht bei der ersten Hürde die Diplomatie aus dem Fenster werfen und vielleicht endlich mal einsehen, dass Krieg nicht durch mehr Krieg gestoppt wird.

In the fields, the bodies burning, as the war machine keeps turning” (Black Sabbath – War Pigs)